Katakomben des Ostens

Ukraine von Oben, von Unten und Mittendrin

Ukraine 17.08. - 25.08.2013

Auf unserer Reise schauen wir hinter die Kulissen, industriell, historisch, kulturell, politisch. Wir werden Sie nicht mit langatmigen Erklärungen zu Baudenkmälern langweilen, die Sie ohnehin in jedem Reiseführerbuch wiederfinden. Stattdessen: Greifen Sie an das Lenkrad eines russischen Lkw-Klassikers und treten Sie das Gaspedal durch (inklusive Strudel im Tank), lassen Sie Ihre Finger magisch über dem roten Knopf schweben – den Atomkrieg vor Augen, erschaudern Sie in den Tunneln, in denen Atom-U-Booten repariert wurden, vergessen Sie beim Bauchtanz von Krimtatarinnen, dass Sie sich in der Ukraine befinden, speisen Sie über den Dächern und unter den Fundamenten von Odessa, erleben Sie das beklemmende Gefühl eines Grenzübertritts zu einer international nicht anerkannten Enklave des Kommunismus, entdecken Sie die Rückseite der Kultur in einer Perle der Opernbaukunst und feiern Sie mit den Ukrainern um die Wette! Von den Ukrainern feiern lernen ... das, was Sie in Odessa oder Kiew erwartet – davon wagen Sie nicht zu träumen. Sie würden es nicht glauben. Man muss es selbst gesehen haben, um es zu glauben. Verstehen werden Sie es eher nicht, vielleicht später einmal.

Die Ukraine wird in der westlichen Welt oft als dunkler, unterentwickelter östlicher Außenposten Europas wahrgenommen, mit Europas zweitgrößter Armee, weitläufigen Ackerflächen, stinkenden Industriemolochen, flächendeckendem Alkoholkonsum, Faustrecht, Unrecht, Orangene Revolution, Konterrevolution, Bürokratie, Korruption, Aids und blonden Frauen, die sich Westlern nur so an den Hals werfen. Wirklich mitreden bei den ganzen Stammtischparolen kann allerdings kaum jemand, weil – wenn sie oder er denn schon einmal dort gewesen sind, über das Kratzen an der Oberfläche kaum hinaus gekommen sind. Die meisten zerbrechen schon an der Sprachbarriere und machen sich kaum Mühe, mit der Bevölkerung wirklich in Kontakt zu kommen.

Die Ukraine ist weit mehr als die Summe der allfällig bekannten Vorurteile. Ja, sie bestätigt viele dieser Vorurteile durchaus – teils aber auf ganze andere Art und Weise. Und das Leben in der Ukraine ist nicht so trist und grau, wie es die Fassaden mancher Dörfer und Kleinstädte vermuten lassen. Es gibt eine lebendige Kulturszene, eine überbordende Partygemeinschaft, den Stolz der Ukrainer auf ihr Land, eine wechselvolle Geschichte mit harten Brüchen und ein sehr geruhsames Leben auf dem Lande, dessen Veränderungen in Jahrzehnten gemessen werden, nicht in Monaten.

Damit Sie nicht nur aus der gut geschützten Verglasung unseres Charterbusses die Welt erleben, haben wir auch eine Fahrt im traditionellen Nachtschnellzug eingeplant. So reisen Ukrainer - zumindest die, die es sich leisten können. Wir buchen Schlafwagen – aber das wird immer noch ein Erlebnis, dass Sie nicht mit einer Schlafwagenfahrt durch Deutschland oder Frankreich vergleichen können. Der Ukrainer, der es sich nicht leisten kann, sitzt lieber zehn Stunden im klapprigen, zugigen oder stickigen und manchmal auch verrauchten Bus und rumpelt über die Landstraßen, deren Qualität wohl kaum unsere Standards erreicht.

Unser Mann vor Ort,

Sebastian Trolle, ist diplomierter Musiker, Pädagoge und Projektentwickler mit fotografisch geschultem Blick für Sitationen, Stimmungen und das Außergewöhnliche. Neben der Organisation ungewöhnlicher Orchesterprojekte in Deutschland hat er sich auf die Suche nach neuen, abgefahrenen Spielorten im fernen Osteuropa begeben. Mit Organisationstalent und Ausdauer hat er zwei spektakulär angenommene Konzerte in der Ukraine arrangiert – und ist dort geblieben. Über mehrere Jahre hat er sich im Land umgesehen und nimmt uns nun mit auf eine Entdeckungsreise, die so nur Insider anbieten können, die sich nicht darauf einlassen, was ukrainische Reisebüros dem Massentourist gerne zeigen möchten. Würden Sie Heidelberg, Neuschwanstein und Loreley besuchen, hätten Sie auch von Deutschland so gut wie nichts gesehen. Für das deutsche Fernsehen hat er bereits das Leben in Odessa vorgestellt und als Locationscout die Stadt präsentiert.

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Reiseplan

Datum

Reiseplan

17.8.

Flug nach Kiew, Besuch des Kiewer Höhlenklosters (UNESCO Weltkulturerbe). Weiterfahrt im Charterbus zum Hotel in Uman.

18.8.

Morgens: Russisch Crash-Kurs. Anschließend Besuch des Grabes von Rabbi Nachman von Bratzlav. Gegen 11 Uhr Charterbus nach Perwomaisk, wir besichtigen Atomraketen- und Kommandobunker. Sitzen Sie am Steuer des Inbegriffs russischer Allrad-LKW: fahren Sie einen SIL oder einen Ural selbst!

Abends Weiterfahrt zu einem "besonderen" Hotel (siehe unten) der Industriestadt Kriwoi Rog.

19.8.

Kriwoi Rog: Brutales Industrieflair auf 120 km mit einer kurzen Fabrikbesichtigung. Auf der Weiterfahrt auf die Krim nehmen wir auch die Autofähre bei Velika Znamjanka. Abends Ankunft in Bachtschissarai, der alten Hauptstadt der Krim, Hotel und Abendessen mit klassischen Bauchtanzszenen.

20.8.

Charterbus nach Balaklawa und Besichtigung des unterirdischen Atom-U-Boot-Reparaturtrockendocks, Hafenrundfahrt in Sewastopol mit Besichtigung der Russischen Schwarzmeerflotte, gegen 17 Uhr Weiterfahrt mit dem Nachtzug nach Odessa, Ankunft gegen 6 Uhr.

21.8.

Nach einem Frühstück Besuch des "7. Kilometer", der größte Containermarkt Osteuropas mit Panoramablick. Danach Dusche im Hotel und Weiterfahrt in das Niemandsland des Kommunismus nach Transnistrien, Grenzüberschritt mit Fragezeichen, Ankunft in Tiraspol und Übernachtung im sozialistischen Hotel mit protestantischer Ausstattung und Kunstblumenvase. Stadtführung durch Tiraspol.

22.8.

Morgens Rückfahrt in die östliche Zivilisation nach Odessa, Besichtigung von Kujalnik – ein Kurort mit einem zu Sowjetzeiten bekanntem Sanatorium aus der Zarenzeit. Heilschlammbehandlung unter ärztlicher Aufsicht gefällig?

Wieder in Odessa – nun wird sich "Zivilisation" für Sie schon ganz anders definieren. Hotel in Odessa.

23.8.

Frühstück auf einem der höchsten Häuser der Stadt mit fantastischem Ausblick. Danach geht es tief unter die Stadt in die Tunnelwelt der Katakomben. Eine Versorgungseinheit der Partisanen aus dem 2. Weltkrieg serviert das Mittagessen.

Nach einem Stopp im Hotel zum Duschen echtes Fotoshooting mit Models. Ein Profi erläutert uns das Business mit den schönen Gesichtern des Ostens. Anschließend stehen uns Models in verschiedenen Outfits für eigene Fotos zur Verfügung.

Am Abend lassen wir es krachen wie die Odessiten: Party in Arkadia bis ca. 3 Uhr. Rückfahrt zum Hotel individuell mit einem der hunderten Taxis vor dem Partygelände. Handeln Sie Ihren Preis selbst aus – eine Erfahrung, die man unbedingt gemacht haben muss. Alternativ: abendlicher Opernbesuch je nach Spielplan.

24.8.

Freier Vormittag, Check out und Mittagessen in der Stadt. Danach ein Hinter-den-Kulissen-Besuch der Oper: wir sehen u.a. auch Keller und Dachboden des Opernhauses und lassen uns erklären, wie eine Oper technisch funktioniert, wie viele Gewerke zusammenarbeiten müssen, damit am Abend der Vorhang hochgeht. Die Odessaer Oper ist ein Schmuckstück der Stadt, die berühmten Potemkinschen Treppen sind nur ein paar Schritte entfernt.

Anschließend Kaffeetrinken im Palais Royal und Hochzeitpaare beim Fotografieren beobachten. Stadt- und Einkaufsbummel.

Abends gegen 23 Uhr Nachtzug nach Kiew.

25.8.

Morgens Ankunft in Kiew. Je nach Abflugzeit nutzen wir die Gelegenheit und streifen durch Kiew, trinken Kaffee und fahren Metro oder Straßenbahn.

Abflug von Kiew-Borispol, Ankunft am selben Abend.

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Was Sie erleben werden

Samstag, 17.8.2013: Ankunft Kiew

Stadtrundfahrt, Kiewer Rus

Auf dem Flughafen der ukrainischen Hauptstadt Kiew sammelt sich unsere Gruppe und unternimmt eine Fahrt zum Kiewer Höhlenkloster mit seinen unterirdischen Gängen. Von hier ausgehend hat sich seit dem 11. Jahrhundert das russische Großreich entwickelt, als Vorläufer der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Weißrussland. Seit Ende der 80er Jahre leben wieder Mönche in dem ausgedehnten Komplex, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Wir treffen auf eine andere Welt, mitten in der ukrainischen Hauptstadt. Mit diesen Eindrücken starten wir unsere Erlebnistour durch die Ukraine und fahren weiter nach Uman, wo wir übernachten und zu Abend essen.

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Sonntag, 18.8.: Uman

Russisch to go, chassidische Juden, Atomraketendepot, SIL-fahren

Wir haben heute viel vor; deswegen gibt es 7:30 Uhr Frühstück. Dem schließt sich ein kleiner Kurs "Russisch to go" an. Ein paar Grundwörter in der Sprache öffnen die Herzen der Ukrainer und bieten stets Gelegenheiten für kleine sprachliche Techtelmechtel.

Wir sind zwar in der Ukraine und es wird in vielen Gegenden auch ausschließlich Ukrainisch gesprochen, den Unterschied zu Russisch kann man mit Deutsch-Holländisch vergleichen. Aufgrund der sowjetischen Vergangenheit ist Russisch aber universeller und wird überall angewendet – quasi durch die große Verbreitung der kleinste gemeinsame Nenner in Verständigungsfragen. Bitte, Danke, Hallo und Auf Wiedersehen sollte jeder danach unfallfrei sagen können. Das russische Alphabet und die Grundzahlen sind ebenfalls extrem hilfreich, wenn man in der Ukraine vorwärts kommen will. Swetlana paukt mit uns. Paschli – Gehen wir los!

Wir sind in Uman und besuchen das Grab von Rabbi Nachman, der der Gründerfamilie des chassidischen Judentums angehört. Ein Wallfahrtsort, durch den das kleine Städtchen einmal im Jahr in einen Ausnahmezustand versetzt wird, wenn Dutzende Boeing 747 in Kiew landen und sogar Inlandsflüge mit Distanzen von 250 km nach Uman angeboten werden. Wir versuchen zu verstehen und gucken, was da so spannend ist.

Gegen 11 Uhr fahren wir weiter nach Perwomaisk, essen dort zu Mittag und fahren dann gestärkt zur ehemaligen Atomraketenbasis, mitten in der Einöde. An diesem, als Wetterstation getarnten Ort, hätte durchaus ein Dritter Weltkrieg beginnen können. Ein Dutzend Atomraketen (Typ: SS 18; Länge: 30 m; Reichweite 15.000 km) waren hier stationiert, wow! Die Ukraine hat nach dem Zerfall der Sowjetunion freiwillig abgerüstet und ist heute keine Atommacht mehr.

An der Schaltwarte zum atomaren Genozid stehend, kann man sich vielleicht vorstellen, welche Belastung auf den Verantwortlichen lag. Wie es sich anfühlt, den imaginären Roten Knopf zu drücken, erfahren Sie im Kommandobunker, 45 Meter unter der Erde. Für den Startvorgang mit zwei Schlüsseln, Briefumschlag mit drittem Schlüssel und Zahlenvergleich waren sicherheitstechnisch mehrere Hürden zu nehmen, Kommando - zittrige Hände, Schweiß und Angst und bange Blicke inklusive. Nirgendwo sonst auf der Welt kann man den Schauder des Kalten Krieges besser spüren. In diesem Komplex reichten die Vorräte im Ernstfall für etwa sechs Wochen. Danach hätte sowieso keiner mehr weitergewusst ...

Solange wollen wir nicht warten. Im Fahrstuhl zum Kommandobunker ist nur Platz für jeweils drei Besucher, und der Weg dahin führt durch einen 200 Meter langen Tunnel. Damit sich den Komplex alle Reiseteilnehmer anschauen können, gehen wir in Dreiergruppen hinunter.

Wer oben ist, schaut sich die ausgestellten Exponate wie ausgemusterte Originalraketen an oder fährt selbst einen URAL- bzw. SIL-LKW. Das sind urgewaltige sowjetische Allrad-LKWs (von 4x4 bis 8x8), mit denen man Atomraketen, Wodka, Mensch und Material durch unwegsamstes Gelände transportieren kann. Mindestens 40 Jahre alte Kisten – drei, vier angetriebene Achsen, unendliche Bremswege, unendliche Bodenfreiheit, sensationeller Verbrauch! Wer solch ein Auto steuern kann, kann eigentlich alles ...

So fährt es sich mit einem SIL. Windows Explorer hat Probleme, nehmen Sie daher Firefox oder andere Browser (oder klicken SIe hier).

Ist der Atomkrieg vorbei, geht es weiter nach Kriwoi Rog, dort übernachten wir. Wir versuchen uns an Lokalkolorit: Unser Hotel ist "typisch für die Landschaft": ein grottiger Schuppen in der Nähe der Industrie (beste Windrichtung vorausgesetzt, haben wir auch etwas davon), mit dünnen Wänden und einer lauten Saufbar im Erdgeschoss. Wenn wir dort aufschlagen werden wir als Gäste behandelt, wie alle anderen aus der Ukraine auch. Entweder sie erfreuen sich am günstigen Wodka oder Sie nehmen sich Ohropax mit ...

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Montag, 19.8.: Kriwoi Rog, Bachtschissarai

Industrieflair auf 120 km, Krimtataren und Bauchtanz, die Krim

Kriwoi Rog - mit 120 km die längste Stadt der Ukraine mit einem brutalem Industrieflair. Das sich von hier ostwärts ausdehnende Gebiet Donbass ähnelt dem Ruhrgebiet der 30er Jahre und war das wirtschaftliche Herz der Sowjetunion. Wer zu jung ist, um noch das industrielle Ruhrgebiet oder das Chemiedreieck der DDR zu kennen, kann sich einen Eindruck verschaffen, wie seinerzeit der Stahl gehärtet wurde*.

Wir werden voraussichtlich auch eines der Werke kurz besichtigen: die industrielle Revolution ist hier noch fühlbar. Es geht nicht um Umweltschutz oder Effizienz, sondern um Produktion.

Über Nikopol und die Autofähre bei Velika Znamjanka fahren wir weiter auf die Krim, ins zauberhafte Tatarenstädtchen Bachtschissarai, wo wir übernachten und zu Abend essen. Die krimtatarische Minderheit ist ein Turkvolk – es gibt Bauchtanz! Bei einem, nach Wunsch geführten, abendlichen Bummel durch die kleinen Gassen kommt südliches Feeling auf. Immerhin hat die Krim als einziges Gebiet in Europa eine subtropische Klimazone – Palmen! Und den berühmten Krimsekt ...

* Autor Nikolai Ostowski (1904 – 1936): "Как закалялась сталь" – "Wie der Stahl gehärtet wurde", kämpferische Autobiografie eines sowjetischen Kommunisten.

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Dienstag, 20.8.: Sewastopol, Balaklawa

Atom-U-Boote, Hafenrundfahrt Schwarzmeerflotte, Zugreise

Heute besuchen wir Balaklawa, eine Bucht im bis Anfang der 1990er Jahre geschlossenen Gebiet Sewastopol mit nochmals verschärfter Geheimhaltungsstufe. Dort befindet sich ein unterirdisches Atom-U-Boot-Reparaturtrockendock, 1993 teilweise geplündert, jetzt als Museum geöffnet. Diese, nach höchster Atomsicherheitsstufe ausgebaute Bunkeranlage, konnte direkten Bombentreffern standhalten. Im Berg konnten mehrere Atom-U-Boote gleichzeitig gewartet und versorgt werden. Von Brot backen bis Kernbrennstab wieder aufarbeiten, alles ging in diesem von der Außenwelt abgeschiedenen Komplex mit Platz für 3.000 Menschen. Die Ausfahrten der U-Boote wurden nach den Überflugzeiten ausländischer Satelliten abgestimmt.

Wir schauen uns alles an, was der kalte Krieg in Vorbereitung auf einen heißen in unendlicher Geldvernichtung in den Fels gehauen hat. Wenn man uns lässt, und der KGB nicht noch sein Unwesen treibt ... Nichts Genaues weiß man nicht; von außen ist kaum etwas zu sehen.

Heute liegen in der Bucht Jachten, eine schöner als die andere, und es gibt ein tolles Fischrestaurant.

Danach fahren wir nach Sewastopol und machen eine Hafenrundfahrt. Hier liegt nach wie vor die einst so stolze russische Schwarzmeerflotte, neben der das einzige U-Boot der ukrainischen Marine ein wenig verloren aussieht. Interessant ist in der Stadt auch das Nebeneinander der Armeen beider Völker, hier die russische Fahne, gegenüber die ukrainische; wegen des Zankapfels Schwarzmeerflotte haben sich die Abgeordneten im ukrainischen Parlament schon handgreiflich gezofft, wie im schlechten Russenfilm.

Nachdem wir jetzt den Bestand gesichtet haben, wollen wir mit dem Zug nach Odessa weiterfahren. Russische Breitspurzüge sind anders, beim Reisen in Viererabteilen (auf Extrawunsch können Zweierabteile gebucht werden) stellt sich ein neues Zeitempfinden ein, und das gesellschaftliche Leben im Zug lässt unsere Reise unvergesslich werden. Man hat das Gefühl von Sommerferien in der ehemaligen Sowjetunion.

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Mittwoch, 21.8: Odessa und Transnistrien

Der 7. Kilometer; Im Niemandsland des Kommunismus

Nach Ankunft in Odessa stellen wir unsere Koffer im Hotel ab, frühstücken und fahren zum "7. Kilometer", dem größten Containermarkt Europas am Stadtrand Odessas gelegen. Shopping total auf osteuropäisch! Dieser Umschlagplatz für halb Osteuropa ist eigentlich als Großhandel für Waren aus China und der Türkei gedacht, aber man kann auch kleine Mengen kaufen.

150.000 Käufer täglich, tausende Container – ein Staat in der Stadt, hier sind alle Gesetze außer Kraft, es regiert der blanke und unregulierte Kapitalismus, Wörter wie Markenschutz, Steuern, Sicherheit, Arbeitsverträge, soziale Bedingungen haben keine Bedeutung. Fotografieren und Filmen nur undercover, das lernt man schnell, wenn man die engere Bekanntschaft mit schrankbreiten Sicherheitsleuten in Lederjacken meiden möchte.

Von einem kleinen Hügel können wir in einem grandiosen Panorama die gesamte Anlage überblicken. Wir besichtigen staunend das Wunder, erfahren viel über Stilempfinden und Qualitätswaren und verstehen danach vielleicht etwas mehr, warum die Ukraine so aussieht, wie sie aussieht.

Am späten Vormittag duschen wir im Hotel und fahren anschließend weiter ins Niemandsland des Kommunismus: nach Transnistrien oder genauer der "Transnistrischen Moldauischen Republik". Dort steigen wir in einem sozialistischen Hotelklotz in Tiraspol ab und unternehmen eine Stadtführung. Vom Hotel erwarten wir keinen Luxus und lassen uns in sozialistischer Manier vom Personal anschnauzen. Überhebliches Selbstbewusstsein westlicher Art wird hier plattgebügelt – und wir fügen uns und genießen eine Zeitreise in eine virtuelle und doch reale Welt des Kommunismus. Wer genau hinsieht und hinhört, kann viel über Hintergründe und Zusammenhänge erfahren und wird begreifen, warum durch die Ausgabe von rumänischen Pässen an Moldawier die Republik Moldau fast schon zur EU gehört, sich Transnistrien aber nur in der Gemeinschaft nicht anerkannter Staaten wie Abchasien, Kosovo oder Berg-Karabach wiederfindet. Nicht mal Russland erkennt den Landstreifen an, obwohl es Anfang der 1990er Jahre die Abspaltung von Moldawien aktiv unterstützt und bis heute eine Armeeeinheit stationiert hat. Für alle, die Augen und Ohren offen halten wird dieser kurze Ausflug eine surreale Erfahrung der Extraklasse. Auf jeden Fall kein Katalogurlaub mit Langeweilegarantie!

Wir reisen in ein Gebiet, für das keine Regeln gelten. Man erhält anstelle von Visa einen Zettel in die Hand gedrückt. Ein misstrauischer Blick des Grenzbeamten entscheidet über Weiterfahrt oder nicht - unklar, wie wir wieder herauskommen. Ausländer verirren sich fast nie hierhin, wir sind Exoten und müssen vielleicht zuerst mit dem Grenzer einen Wodka trinken?

Aber auch hier leben herzliche Menschen und wir organisieren einen geselligen Kulturabend in Tiraspol.

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Donnerstag, 22.8.: Odessa

Kujalnik, am Sandstrand, Stadtbummel

Nach dem Frühstück geht es zurück zu Odessa Mama, wie die Einheimischen die Stadt oft bezeichnen. Wir genießen einen Tag mit Muße und lassen uns so richtig verwöhnen. Nach einer Stadtrundfahrt besuchen wir das Sanatorium Kujalnik. Kujalnik - noch nie gehört? Nach Ihrem Besuch dort werden Sie diesen Ort nicht mehr vergessen, garantiert!

Hier wurden und werden mit salzhaltigen Schlammpackungen so manche Entzündungen und das Organsystem kuriert. Eine begehrte Adresse zu Sowjetzeiten. Der Liman mit einem Salzgehalt wie im Toten Meer enthält das gesundmachende Material. Auch befindet sich hier mit minus fünf Metern der tiefste Punkt der Ukraine.

Nach unseren Ausflügen könnte man auch Magen-Darm-Erkrankungen kurieren. Aber schauen wir uns erst einmal die sehenswerte Anlage selbst an und lassen uns auf einer Führung alles erklären. Ein Komplex aus der Zarenzeit, wo bis heute nicht viel erneuert wurde. Auch die Außenanlagen sehen verwunschen aus - maroder Charme und sehr fotogen.

Wir überlegen uns aber eine Behandlung noch einmal und fahren zum Mittagessen in ein deutsches Restaurant gleich nebenan, in Lusanowka, am Strand des Schwarzen Meeres. Direkt am Wasser und bei leckerer Küche möchte man meinen, mehr braucht man nicht. Wer will, kann baden gehen.

Am Abend gibt es Gelegenheit für einen Stadtbummel durch Odessa. Die Atmosphäre dieser Stadt hat schon viele verzaubert, erfahren Sie warum das so ist, und warum man Puschkin ausgerechnet hierher in die "Verbannung" geschickt hat ...

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Freitag, 23.8.: Odessa Mama

Frühstück auf dem Hochhausdach, Katakomben, Modelshooting, Nachtleben

Heute geht es auf und ab. Nach einem Frühstück auf dem Dach eines der höchsten Gebäude mit grandiosem Ausblick über Odessa gehen wir in die Tiefe und besuchen die Katakomben. Von diesen unterirdischen Gängen unter der ganzen Stadt sind ca. 1.700 km bekannt; hier unten wurde das Baumaterial Muschelkalkstein gewonnen, aus dem viele Häuser der Stadt gebaut sind. Im Krieg haben Partisanen die Stollen genutzt, wir gucken uns Originalgegenstände aus dieser Zeit an und erfahren, wie man in diesem System überleben konnte. Manche Partisanen sollen ja noch immer dort unten leben … Wir essen unter der Erde auch zu Mittag, unterstützt von einer Versorgungseinheit der Partisanen.

Nach einem Hotelstopp zum Duschen geht es zum nächsten Highlight, einem Fotoshooting im Studio. Aus dem Osten kommen die Gesichter, die auf den Hochglanzmagazinen dieser Welt zu sehen sind. Welche Sicht man in Odessa vertritt und wie alles funktioniert, erklärt uns zuvor eine Insiderin in einem kleinen Einführungsvortrag. Echte Models zeigen danach in diversen Outfits, wie man sich richtig für ein Foto präsentiert. Wir dürfen uns wie Karl Lagerfeld fühlen und fleißig fotografieren.

Am Ende des Tages erwacht die Stadt wieder – aber diesmal das junge Gesicht der Stadt. Wer möchte, kann auf eine geführte Tour durch das legendäre Nachtleben Odessas mitkommen. Alternativ und etwas geruhsamer: Es lohnt auch der Besuch einer Opernvorstellung, Tickets können von uns besorgt werden.

Für Nachtschwärmer: Ein Besuch der Diskomeile im Stadtteil Arkadia steht auf dem Plan. Direkt am Strand befinden sich eine Reihe von Open Air-Klubs, die Tausende von Besuchern anziehen. Eventuell treffen wir die Models vom Fotoshooting wieder. Die Sommersaison tobt im August, die toll zurechtgemachten Besucher und die Atmosphäre sind einfach unbeschreiblich. Man wähnt sich wie auf einem anderen Stern. Das Nachtleben beginnt sehr spät, erst ab 23 Uhr lohnt der Besuch. Danach weiß man, wie Ukrainer und Russen feiern, und wir müssen wahrscheinlich wieder ein westliches Klischee korrigieren.

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Samstag, 24.8.: Odessa

Hinter den Kulissen der Oper, Stadtromantik pur

Nach dem langen Abend bzw. der kurzen Nacht haben wir heute einen freien Vormittag geplant.

Am frühen Nachmittag werden wir einen Rundgang hinter die Kulissen des Opernhauses unternehmen. Dieses architektonische Prunkstück eines Wiener Architekturbüros vom Ende des 19. Jahrhunderts ist überaus sehenswert. Wir besichtigen die Bühnentechnik, den Schnürboden, den Orchestergraben – sehen, wie so ein Haus eigentlich funktioniert – und erfahren, welche Bedeutung ein Eiserner Vorhang im Theater hat. Sie werden stauen, wie viele traditionelle Gewerke in einem Opernhaus anzutreffen sind und welch gigantischer Aufwand für eine Vorstellung betrieben werden muss.

Die Oper von Odessa:

Kaffeetrinken werden wir anschließend gleich nebenan, im wunderschönen Palais Royal. Das dortige Restaurant Salieri liegt gegenüber vom Hotel Mozart. Musikgeschichtsbewanderte kennen Namen und Zusammenhänge ...

Im Palais Royal mit seiner schönen Häuser- und Baumkulisse sind an manchen Tagen bis zu zehn Hochzeitspaare beim Fotografieren zu sehen. Überhaupt das Thema Heiraten: Odessa ist eine Hochburg von Heiratsagenturen gerade auch für Ausländer, vielleicht beobachten wir ein typisches Anbahnungsgespräch am Nebentisch.

Anschließend verbringen wir die freie Zeit mit einem Stadt- und Einkaufsbummel und fahren am Abend gegen 23 Uhr mit dem Zug nach Kiew.

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Sonntag, 25.8.: Kiew

Rückflug Europa

Je nach Abflugzeit nutzen wir die Gelegenheit und streifen durch Kiew, trinken Kaffee und fahren Straßenbahn oder Metro. Nach ewig langen fünf Minuten Rolltreppenfahrt und tief unter der Stadt kann man architektonisch großartige Stationspaläste besichtigen.

Wir haben in einem einfachen Hotel einige wenige Zimmer gebucht, wo wir unsere Sachen bis zur Fahrt zum Flughafen unterstellen und noch einmal eine warme Dusche genießen können. Fahrt zum Flughafen mit Taxis. Völlig unaufgeregt mit Taxameter.

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Allgemeine Bemerkungen

Die Ukraine ist das größte Flächenland Europas. Seit einiger Zeit erlebt die Nation wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung. Neben traditionellen Landstrichen profitieren davon vor allem die Ballungsgebiete der Mittel- und Ostukraine. Diese Entwicklung ist jedoch nicht homogen und von politischen Umbrüchen begleitet.

Die Qualität unserer Übernachtungen wird sehr unterschiedlich sein. Nur in den großen Städten können Sie guten Standard erwarten. Aber alle Hotels haben eine warme Dusche und sind sauber. Auf den Nachtzugfahrten stehen keine "Einzelzimmer" zur Verfügung. Es handelt sich in der ersten Klasse, die wir gebucht haben, für gewöhnlich um Vierbettabteile mit zwei Betten unten und zwei Betten oben. Die allermeisten von uns werden von dem rhythmischen Rattern der Räder sehr gut in den Schlaf gewogen. Duschen gibt es in den Schlafwagen nicht.

Beispiel eines "Erlebnishotels" der sozialistischen Sorte. Man bemüht sich.

Administrator hinter Glas, bröckelnde Plastikverkleidungen

Der Teppich lebt, die Steckdose nicht, der Kühlschrank rostet ...

Diese Schranktür sagt mehr als alle Erklärungen zum Standard mancher Hotels ...

Wettbüro im Hotel in Tiraspol

Obwohl manche Medienberichte einen gegenteiligen Eindruck entstehen lassen, ist die Ukraine ein zivilisiertes Land. Wer die normalen Verhaltensregeln beachtet, dem wird in aller Regel auch nichts zustoßen. Wertsachen sollten immer, möglichst nicht sichtbar, am Mann getragen werden, unnötiges Herumzeigen weckt Begehrlichkeiten. Geld kann an vielen Stellen gewechselt werden. Bitte nur die offiziellen Wechselstuben benutzen („Obmen Valut“). Niemand muss wissen, wie viel Geld man dabei hat. Abendliche Spaziergänge sind in bestimmten städtischen Regionen nur in Gruppen ratsam. Aber wenn Sie allein nachts durch Berlin-Neukölln gehen brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, wenn man Sie mit "Was guckst du, Opfer" anspricht und Sie danach zusammengeschlagen mit etwas weniger Geld im Portemonnaie oder ganz ohne aufwachen.

Die ukrainische Küche ist schmackhaft und gesund. Fisch und Geflügel gehören auf jeden Fall dazu. Neben Kartoffeln sind vor allem Reisgerichte üblich. Tee gehört zu den beliebtesten Getränken. Hinzu kommt Kaffee, den man jedoch meist nur als lösliches Produkt (Nescafé) bekommt. Mineralwasser gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen – von neutral bis salzig sowie mit und ohne Kohlensäure. Bier ist ebenfalls in allen Varianten erhältlich und entspricht unserem Standard. Beliebtestes alkoholisches Getränk ist, natürlich, der Wodka; von 30% an aufwärts ist alles zu haben. Was wäre die Ukraine aber ohne Wein und Sekt? Krimweine und der entsprechende Sekt sind einmalig und sollten unbedingt probiert werden.

Die Einreise ist für die meisten EU-Bewohner (Deutschland, Österreich) ohne Visa möglich. Einen gültigen Reisepass muss man jedoch mitführen. Er sollte noch mindestens sechs Monate gültig sein, und zwar auf den Tag der Ausreise gerechnet. Eine Auslandskrankenversicherung, die auch in der Ukraine anerkannt wird, ist mitzuführen. Arzneimittel gibt es zwar an allen möglichen (und unmöglichen) Ecken zu kaufen, dennoch sollte jeder seinen persönlichen Bedarf dabei haben. Empfehlenswert sind Mittel gegen Fieber, Mückenstiche und Magenverstimmungen.

Jeder ist auf der Reise für seine Sicherheit selbst verantwortlich. Weder der Veranstalter vor Ort noch der Vermittler in Deutschland können für Unfälle, Nachteile aus Verspätungen, Beschädigungen, Diebstähle, behördliche Anweisungen, Naturkatastrophen, Streiks, Unzulänglichkeiten in den Hotels etc. verantwortlich gemacht werden. Wir reisen in ein Land außerhalb der EU, in dem Sicherheitsvorkehrungen, Umwelt- und Lebensbedingungen deutlich von Zentraleuropa abweichen. Nur deshalb werden wir ja auch in den Genuss einer Zeitreise kommen. An dieser Reise kann man nur teilnehmen, wenn man sich dessen auch bewusst ist. Der Abschluss einer Reisekostenrücktrittsversicherung und einer Auslandskrankenversicherung wird dringend angeraten. Eine Auslandsunfallversicherung sollte ebenfalls überdacht werden, zumindest dann, wenn man die deutsche Vollkaskomentalität nicht zu Hause lassen will und sich nicht an dem common sense der Eigenverantwortung "unterwerfen" möchte. Es hat noch nie geschadet, vor dem Überqueren einer Straße nach rechts und links zu schauen. In der Ukraine sollte man sich nicht darauf verlassen, dass der fließende Verkehr schon auf einen aufpassen wird, wenn man betrunken über die Straße torkeln möchte. Solange Sie aber eigenverantwortlich und mit offenen Augen durchs Land reisen, werden Sie mit einer Fülle von unvergesslichen Eindrücken belohnt und brauchen sich um Ihre Sicherheit nicht zu sorgen. Die Ukraine ist ein sehr sicheres Reiseland für alle, die ihre Sinne wach halten.

Domsowetow: 5 nach 12 - für wen wohl?

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Preis

Ukraine
Katakomben des Ostens: Ukraine von Oben, von Unten und Mittendrin 8 bis 16 Teilnehmer 1.920 Euro
17.08.2013 – 25.08.2013 Einzelzimmerzuschlag 185 Euro
Anmeldeschluss: 17.06.2013

Der Preis umfasst:

Nicht enthalten sind:

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